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Swordbrothers Festival III

Swordbrothers Festival: Logo

So langsam artet das Festival in eine Art griechische Tragödie aus. Trotz des bisher besten Billings kamen nur 218 zahlende Zuschauer und nur dank des finanziellen Engagements einiger fanatischer Underground-Maniacs kann Veranstalter Volker Raabe nun für den vierten Streich planen. Die größte Sponsorin wurde dafür mit einem eiligst beschafften Blumenstrauß gleich auf der Bühne geehrt. Diesmal kam zu der notorischen Unlust vieler selbsternannter Szenepäpste auch das beschissene Wetter hinzu, alleine aus dem Erzgebirge sagte eine ganze Gruppe von rund 20 Metalheads ab. Bei schönem Wetter wäre also wahrscheinlich finanziell alles aufgegangen, hoffen wir also mal das Beste für den September.

Aber zurück zum Festival. Um 11.30 Uhr betraten wir das JuZ Andernach, wo schon alles für die Metalparty hergerichtet war. An Händlern waren erstmal Stefan Riermaier von Karthago Records und Costa Stoios von Iron Pegasus zu erspähen, ansonsten lauerte das übliche Händlergesindel gierig auf die kaufwillige Käuferschaft. Erstmal ein Bierchen verhaften und mal schauen, wer um diese frühe Uhrzeit schon zugegen war. Natürlich auch METAL AGE Herausgeber Uli Esser, der seltsamerweise noch nicht besoffen war. Das sollte sich aber mit Hilfe von unmenschlichen Mengen von Wodka-Tonic rasch ändern und später bei einem missglückten Stagediving-Versuch mit einem kapitalen Armbruch enden. Tja, man wirft halt kein totes Fleisch von der Bühne. Bier kostete übrigens fanfreundliche 2 Euronen für 0,3 Liter, Wasser weiß ich nicht (nur Schwuchteln und Mädchen saufen auf Festivals Wasser), das oberaffengeile Festival-Shirt 13 Euro. Die gesamte High Society der Metal Szene glänzte mal wieder durch Abwesenheit (nur Arno Hofmann bildete eine rühmliche Ausnahme). Dafür war der Drummer von Attacker da, der gleich mal aus den Staaten rübergejettet war, um sich das Festival reinzuziehen. Und so mancher so genannte Metaller schaffte es nicht, seinen Arsch aus einem Radius von weniger als 100 Kilometer zu dem Festival zu bewegen. That’s NOT Metal!!!

Zum ersten Mal gab’s übrigens in der Geschichte des Swordbrothers eine halbstündige Verzögerung, da der Soundmann aufgrund des verfickten Schnees zu spät eintraf. Diese halbe Stunde wurde aber durch die unermüdliche Schaffenskraft der Stagecrew unter Leitung des Custard Drummers Chris Klapper bis zum Ende locker wieder aufgeholt. Zudem verzichtete jede Band auf den Soundcheck. An dieser Stelle auch mal an eine Dank an Chris, der allen Bands stets sein Schlagzeug zur Verfügung stellt. Auch der Soundmän legte mal wieder einen Bombenjob hin, jede Band war mit einem kristallklaren Sound gesegnet. Da kann sich das KEEP IT TRUE mal ne ganz fette Scheibe von abschneiden. Nur eines muss man dem Mann am Mischpult ankreiden: Bei einem Underground-Festival NIRVANA als Pausenmusik laufen zu lassen, geht gar nicht. Dafür gibt’s beim nächsten Mal ne fette Teerung und Federung...

Um 11.30 Uhr ging’s dann mit Viron los, deren Sänger zum Warmsingen ein völlig sinnfreies Stück deutschen Liedgutes anstimmte und schlimmste Befürchtungen erahnen ließ. Aber die Truppe legte einen völlig überzeugenden Gig hin und konnte dann sogar die Coverversion von Exxplorers "Run for tomorrow" absolut geil rüberbringen, was ja besonders für den Sänger keine ganz leichte Übung ist. Wie man hörte, haben Viron einen Deal bei Black Lotus unterschrieben, weil die Mucke laut Absage von Nuclear Blast nicht vermarktbar wäre. Nun ja, pennt weiter...

Black Knight spaltete dann etwas die Metalgemeinde. Ich fand ihre 98er Scheibe "Tales from the darkside" bärenstark, während mich der Gig nicht 100%ig überzeugte. Einzelne Stücke waren hammergeil, während mir andere zu hardrockig daherkamen. Dennoch hat mir der Auftritt in seiner Gesamtheit sehr gut gefallen und an dieser Stelle noch mal mein Dank an Veranstalter Volker Raabe, der immer wieder unbekannte Bands zum Tanz einlädt und so ein nicht unbeträchtliches Risiko finanzieller Art eingeht, während man anderswo auf Nummer Sicher geht und 1.000sten Mal Bands wie Primal Fear oder Brainstorm "bewundern" darf.

Danach waren Double Diamond an der Reihe. Deren 97er Debüt "In danger" fand ich recht enttäuschend und habe mich danach nicht mehr mit der Band beschäftigt. Live kamen die Mannen aus Belgien aber durchaus überzeugend rüber. Aber das Outfit von Sänger Filip Lemmens mit Pudelmütze und Sonnenbrille sah ja so was von Scheiße aus, alter Spalter, das wollen wir aber nicht noch mal sehen.

Leider begann nach dem Double Diamond Gig der große Exodus aus der Halle, denn Existence legten los. Okay, ich gebe zu, die progressiv angehauchte Musik der Band ist nicht unbedingt easy listening, denn die Songstrukturen sind recht komplex und erfordern halt ein intensives Zuhören. Leider sahen das wohl vor der Bühne grad mal 20 Nasen so und so hatte ich am Bühnerand so viel Platz wie später nie mehr. Der Rest stand mit verschränkten Armen im hinteren Hallenbereich oder versuchte draußen Schneegänse zu bumsen. Schämt euch, denn alleine die Gitarrensoli von Andy Eder waren teilweise nicht von dieser Welt, auch wenn der Guitarwizard teilweise den Radius einer Briefmarke hatte. Eigentlich turnte nur Sänger Mike Klose wie angestochen durch die Gegend. Ich war jedenfalls froh, diese Band mal sehen zu dürfen, denn obwohl Existence schon seit 1988 existieren, sind deren Liveauftritte genauso rar wie coole Outfits bei Angie Merkel.

Nun begann die eigentliche griechische Tragödie, denn eigentlich wären Bloodstained an der Reihe gewesen. Aber deren Drummer Angelos Tsoukalas hatte seinen Pass auf dem Flughafen in Griechenland verloren und konnte deswegen seinen Flieger nicht entern. Daher enterten die True-Metaller von Ironsword die Bühne und legten einen überzeugenden Gig hin, wobei ich zugeben muss, dass mir die Songs etwas zu unspektakulär rüberkamen. Aber da Live-Auftritte der Portugiesen auch nicht so häufig sind, war ich froh, die Band einmal live gesehen zu haben. Das Trio wurde jedenfalls mächtig abgefeiert.

Jetzt mussten Warrant ran und was soll ich sagen...sie legten die Halle in Schutt und Asche! Zwar waren vom Original-Line-Up nur noch Bandkopf und Sänger Jörg Jurascheck und The Enforcer himself dabei, aber was diese drei Herren da raushauten, brachte Stammbesucher Stefan Schweinert auf den Punkt: "ganz grosse Kunst". Es spricht schon für sich, wenn selbst einige Mitglieder der Hellbangers Moselfranken zugegen waren, die sonst nur auf Schredder-Gigs anzutreffen sind. Hymen wie "The rack" oder "The enforcer" wurden mit einer derartigen Power und Inbrunst zum Besten gegeben, das mir jetzt noch die Tränen in den Augen stehen. Eigentlich war jetzt schon klar, dass es heute schwer bis unmöglich werden würde, diesen Auftritt zu toppen.

Da Bloodstained endlich vollständig waren, enterten die Jungs um Harry Conklin-Sound-alike Sänger Theodoros Goulomatis die Stage. Wie schon beim Keep It True Auftritt überzeugten die Vier auf ganzer Linie. Machtvoller Power Metal auf old 80ies US-Niveau. Ich muss gestehen, dass ich eine Hälfte der Show nur gehört habe, da ich vom Headbangen beim Warrant Gig derartige Kopfschmerzen bekommen hatte, dass ich diese vor der Halle mit einigen Kannen Bier und Kälte wegzubekommen versuchte. Nachdem der Alkpegel mich halbwegs schmerzfrei hatten werden lassen, ging’s zurück und wie gesagt, Bloodstained sind live inzwischen eine Macht. Warum die Band nicht größer und bekannter ist, kann ich mir absolut nicht erklären. Geile Truppe!

Da ich Torch in Lauda-Königshofen aufgrund einer leichten Pilsvergiftung nur gehört, aber nicht gesehen hatte, konnte ich dies nun endlich nachholen. Und was soll ich sagen, die Mannen um den durchgeknallten Sänger Dan Dark kamen ganz nah an Warrant ran. Auch wenn Basser Alex Jonsson wie der kleine Bruder von Nikki Sixx und überhaupt die ganze Band reichlich schräg aussah, sie schöpften aus dem Fundus ihrer drei Platten und brachten die Halle zum Wackeln. Zwischenzeitlich wurde Dan Dark ein Bier gereicht, was er mit den Worten "Ich bin bekloppt, aber dafür brauche ich keinen Alkohol" ablehnte. Sogar die Lieder der etwas kommerzieller ausgerichteten Scheibe "Electrikiss" kamen völlig rabiat rüber, mich jedenfalls haben der Titeltrack und "Hot on your heels" völlig weggeblasen. Auch nach 25 Jahren blasen Torch den ganzen heutigen Metal locker weg. Thumbs up!

Und wie in jeder guten griechischen Tragödie gab’s auch hier kein Happyend. Witchhammer aus Norwegen, die 1990 mit "1487" eines der besten europäischen Power-Metal Alben aller Zeiten herausgebracht haben, kamen, sahen und siegten nicht, leider. Dabei begann alles so gut, ein schönes düsteres Intro, "Kill all in sight", mein Lieblingssong in der ersten Startreihe, es hätte ein Triumphzug werden können. Doch leider ist der Zug der Geschichte nicht an der Band vorbeigegangen, denn das Material wurde doch sehr thrashlastig vorgetragen, ich fühlte mich ein ums andere Mal an Testament erinnert, was nicht unbedingt schlimm sein muss, aber ich wollte Power- und nicht Thrash-Metal hören. Zwar wurden immer wieder geile Momente hochgekocht (ich sag nur "Enola Gay"!!!), aber alles in allem hatte ich mir doch mehr versprochen. Vor allem das Outfit von Sänger Per war einfach nur Scheiße, barfuss und mit hochgekrempelter Hose erinnert er mich mit seinem Vollbart eher an Catweazle als an einen Metalsänger. Vielleicht waren meine Erwartungen auch zu hoch, denn das hört sich jetzt alles schlimmer an als es wirklich war und alleine "Kill all in sight" gehört zu haben danke ich dem Veranstalter noch jetzt auf Knien, aber ich hatte mir halt mehr versprochen. Trotzdem geil, diese Band mal live gesehen zu haben. Maybe next time... Bleibt noch zu erwähnen, dass das Taxi of Steel in Form der Ehefrau pünktlich anrollte und zwei ziemlich angeheiterte Metaller nach Bonn kutschierte.

Dennoch: Das Swordbrothers Festival hat sich nun endgültig etabliert und ist vom Festivalplan nicht mehr wegzudenken. Und im Gegensatz zum Keep It True ist die Atmosphäre hier immer noch familiär, in der Beziehung ist es die absolute Nummer 1. Und da es mit Sicherheit auch die vierte Auflage geben wird und bereits Bands wie Attacker, Ravage, Ram, Absolute Steel, Stormrider, Phenix, Solemnity und Influence bestätigt sind, steht uns ein weiteres Hammerfestival ins Haus, wo ich mit Sicherheit wieder da sein werde….und ihr hoffentlich auch. Wenn ihr noch Fragen zu dem Festival habt, wendet euch an Volker Raabe. Der Mann ist Metal bis auf die Knochen und euch gerne behilflich.

Zum Abschluss noch etwas in eigener Sache: Ich wurde von einigen Leuten auf meine Abneigung dem HEAVY gegenüber angesprochen. Ich möchte hiermit mal klarstellen, dass ich gegen keinen Mitarbeiter dieses Magazins etwas habe. Ich komme lediglich mit der arroganten Art des Herausgebers nicht zurecht. Dazu stehe ich auch weiterhin, ebenso wie zu der Behauptung, dass diese Postille nur noch ein Schatten früherer Glanztage ist. Aber quatscht mich ruhig weiter an, hab wieder ne Menge neue und nette Leute getroffen. Ich sehe euch am 16. September!!!

Ein extra Dankeschön noch an Tobias Hanfland für die vielen Fotos. In meinem Zustand hätte ich das sicher nicht hinbekommen, keep on Knipsing, Dude!

Review done by Stefan Wendle in 2006.