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Marauder

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Ganz Europa stöhnt unter der Flutwelle von Melodic Metal Veröffentlichungen. Ganz Europa? Nein, ein kleines unbeugsames Volk im Süden stemmt sich mit Macht gegen den Zeitgeist und fröhnt weiter dem Real Metal. Waren es in den 80ern Bands wie Vavel, Rust oder Northwind, stellen heute Gruppen wie Phantom Lord, Power Crue oder Marauder die Spitze des Metalberges dar. Leider schaffen es nur ganz wenige Truppen, auch außerhalb von Hellas Aufmerksamkeit zu erregen. Grund genug, heute mal Marauder und deren CD "1821" vorzustellen, denn die ist einfach zu gut, um im Sog des gehypten Tralala unterzugehen. Sänger Andreas stellte sich meinen Fragen.

Andreas, die Frage ist zwar recht einfallslos, aber da ihr noch weitgehend unbekannt seid, erzähl uns doch mal was über die Entstehung der Band.

Also, gegründet wurden Marauder im April 1990 von mir und dem zweiten Gitarristen Giorgos Sofronas. Ziel war es, die Musik zu spielen, die wir selbst als Fans immer so geliebt haben. Dann stießen Kiriakos Soulidis (Drums), Giorgos Karapapazoglou (Bass) und Stathis Stathatos (Vocals) zu uns. Nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten veröffentlichten wir 1991 unser erstes Demo "Try to live" mit vier Songs. Es war klassischer Heavy Metal. 1993 kam dann Kostas Vaclatzis als neuer Drummer zu uns und wir nahmen unser zweites Demo "The die is cast" auf. Durch die guten Reaktionen darauf bekamen wir eine Einladung, auf einem Sampler des griechischen Metal Hammer (der auch heute noch diesen Namen verdient-der Verf.) den Song "Say it again" einzuspielen. 1997 spielten wir schließlich auf Live Records mit dem neuen Drummer Manos Matsos den ersten Longplayer "Sense of Metal" ein, der innerhalb von 6 Monaten ausverkauft war. Danach spielten wir für das Demon Tribute Album den Song "The grand illusion" (vom 82er Album "The unexpected guest"-der Verf.) ein. Mit den neuen Members Kostas Vagiotis am Bass und Sänger Michalis Pagonis haben wir unsere aktuelle CD eingespielt, die zunächst über das brasilianische Label Mehagard ver- öffentlicht wurde. Tja, das wäre erst mal der Stand der Dinge.

Woher kommt eigentlich der Name Marauder? Ich kann mir nicht vorstellen, daß ihr bei der Namenswahl von der US Southern Band und der gleichnamigen LP von 1981 beeinflusst wurdet.

Nein, auf gar keinen Fall. Der Name klingt einfach gut und nach Metal.

Was ist eigentlich Dein persönlicher Sinn des Metals? Schließlich habt ihr eure erste CD so genannt.

Udo Dirkschneider hat das auf der "Holy"-Scheibe genau auf den Punkt gebracht: Heavy Metal ist unsere Religion, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist halt unsere Lebenseinstellung.

Jau, genauso muss es sein. Schließlich kann man nur eine Religion haben. Und den Quatsch, den die Kirche verzapft, braucht ja wohl keine Sau. Aber mal zu was anderem. Alles an eurer CD wirkt sehr patriotisch. Wäre es da nicht logisch gewesen, auch die Texte in Griechisch zu schreiben?

Was unsere patriotische Einstellung betrifft, da hast Du völlig recht. Ich denke mal, das trifft doch auch auf Dich zu (äh, wenn ich da so an diverse Ärsche von Politikern und Nazis denke, ich weiß nicht so recht-d. Verf.). Ich glaube aber, daß englische Texte einfach besser zu Rock oder Metal passen. Es klingt einfach besser.

Da muss ich Dir absolut Recht geben. Es gibt zwar jede Menge französischer Killerbands, aber französisch klingt einfach nicht gut. Wie sind denn eigentlich so die Aufnahmebedingungen in Retsina-Country und wie teuer waren eure beiden ersten CDs?

"Sense of Metal" ist zwar auf einem griechischen Label erschienen, aber wir haben sie komplett selber finanziert. Zum Glück haben wir alles wieder durch die Verkäufe reingekriegt (hm, so genau wollte ich es nicht wissen-d. Verf.). Die Kosten für "1821" haben komplett Megahard übernommen. Die Aufnahmebedingungen hier in Griechenland sind eigentlich gar nicht mal so schlecht. Das Dumme ist nur, dass es kaum einen Producer gibt, der sich auf Metal spezialisiert hat. Ich denke aber trotzdem, daß die Produktion europäischen Standard hat.

Da kannste aber einen drauf lassen. Das Teil klingt richtig gut. Trotzdem ärgere ich mich ein bißchen, dass es "1821" nur auf dem lächerlichen CD-Format gibt. Eure Musik ist nun mal klassischer Heavy Metal, so was gehört einfach auf Vinyl. Only Vinyl rules! Gab es denn da keine Chance und was bevorzugst Du eigentlich: CD oder Vinyl?

Also, mir ist eigentlich beides recht (buh - der Verf.). Ich hab mit beiden kein Problem. Uns ist es nur wichtig, dass die Fans ohne größere Schwierigkeiten an unsere CD kommen.

Schade, schade, schade. Hatte gehofft, einen weiteren Brother of Vinyl zu finden. Aber man kann ja nicht alles haben. Anderes Thema: Viele griechische Bands klagen über den Wehrdienst. Was genau ist denn da das Problem und hattet ihr auch damit zu kämpfen?

Die Armee ist in der Tat ein großes Problem für Bands und Musiker, da der Wehrdienst bei uns 19 Monate dauert. Viele Bands lösen sich deswegen auf. Natürlich kannst du auch so lange warten oder mit Sessionmusikern weiterarbeiten, aber irgendwie isses das alles nicht. Gottseidank haben wir alle den Wehrdienst schon lange hinter uns gebracht.

19 Monate! Ich hoffe, die deutschen Warmduscher hören jetzt endlich wegen den lumpigen 10 Monaten auf zu jammern. Aber ich schweife ab. Marauder sind ja eine Band der 90er, aber Musik und Einstellung sind definitiv in den 80ern verwurzelt. Wo siehst Du denn eigentlich die größten Unterschiede?

O ja Mann, wir versuchen, den Sound der 80er zu erhalten. Das Ganze paaren wir dann mit moderner Studiotechnik aus den 90ern. Ich sehe im wesentlichen zwei Unterschiede. Zum Einen sind natürlich die heutigen Produktionen wesentlich besser. Außerdem gibt's heutzutage im Heavy Metal eine wesentlich größere Stilvielfalt. Aber uns ist das egal. Wir machen einfach so weiter wie bisher.

Recht so! Sachen wie Korn oder Filter können sich die Trendkiddies reinziehen. Was war denn eigentlich die erste Metal-LP, die Du Dir gekauft hast?

Das war "High 'n' Dry" von Def Leppard. Die höre ich eigentlich auch heute noch ganz gerne.

Ich lass jetzt mal dahingestellt, ob Def Leppard jemals Metal waren. Was waren denn Deine größten Einflüsse als Gitarrist?

Ich hab eigentlich nie auf diese sogenannten Gitarrenakrobaten gestanden. Ich hab immer die bewundert, die auch tolle Songs geschrieben haben. Leute wie Kai Hansen, Wolf Hoffmann und Michael Schenker.

Viele unserer Leser kennen euch (leider) ja noch nicht. Wie würdest Du denen Eure Musik beschreiben?

In unserer Musik werdet ihr niemals Elemente aus Pop oder Progressive finden. Auch Death Metal oder dieses ganze extreme Geballere mögen wir nicht. Es ist einfach klassischer Heavy Metal, basierend auf zwei Gitarren, Melodien und einem rauhen Sänger.

Na, mehr brauchts ja auch nicht. Komischerweise wurdet ihr als griechische Band von einem brasilianischem Label gesignt. In Deutschland hab ich eure CD auch im Hellion Mailorderkatalog gesichtet. Gab's denn keine Anfragen aus Griechenland selbst?

In Deutschland gibts unsere Scheibe mittlerweile auch bei Angular und B. Mind Records. In den meisten anderen wichtigen Metalländern ist "1821" inzwischen auch erhältlich. Zur Zeit suchen wir noch einen guten Vertrieb in Griechenland.

Euer Sänger und Bassist sind erstmalig auf "1821" zu hören. Was machen denn so die alten Weggefährten?

Obwohl unser alter Sänger aus Athen kommt, konnte er sich nie so recht zwischen Musik und Arbeit entscheiden. Er hat sich jetzt halt für seinen Job entschieden. Unser alter Bassist mußte zum Militär und danach ist er wieder in seine Heimatstadt in den Norden Griechenlands gezogen. Es gab aber nie böses Blut. Wir haben bis heute noch ein gutes Verhältnis zu beiden.

So soll das ja auch unter zivilisierten Menschen abgehen. Von wem stammt eigentlich das sehr filmmusikmäßige Intro "Hellas-Land of the immortals"?

Das Intro habe ich selber komponiert. Ich finde, es bereitet den Hörer gut darauf vor, was danach abgeht. Wir benützen es auch als Opener für unsere Liveshows.

Meiner Meinung nach habt ihr den härtesten Song "The Greek revolution begins" an den Anfang gestellt, um den Ausbruch der Revolution zu symbolisieren. Danach wird die CD immer epischer. Hab ich recht oder stimmst Du mir zu?

Da liegst Du genau richtig. Der Beginn der Revolution war ziemlich brutal, gleichzeitig aber auch sehr mächtig. Im Verlauf des Aufstandes gab es unzählige Kämpfe und wirklich glorreiche Siege. Am Ende stand die Befreiung der Griechen. Das ganze Konzept der CD soll textlich und musikalisch den Verlauf der Revolution widerspiegeln.

Was bedeutet denn eigentlich für Dich die griechische Revolution im Jahre 2000?

Ohne dieses Ereignis wäre nichts so, wie es heute für uns Griechen ist. Wir werden diese Revolution daher niemals vergessen.

Maiden, Accept und Sabbath scheinen eure Haupteinflüsse zu sein. Hab ich da noch eine Band vergessen?

Wir lassen uns eigentlich von allen guten Metalbands inspirieren. Das wichtigste aber ist für uns, eine eigene musikalische Identität zu haben, so eine Art Marauderismus.

Zumindestens hebt sich eure Mucke wohltuend von dem sonstigen Einheitsbrei ab. Habt ihr eigentlich jemals daran gedacht, so ne richtige tränentreibende Ballade aufzunehmen, um vielleicht auch mal im Radio ein bißchen Airplay zu bekommen. Oder ist euch das sowieso egal?

Also grundsätzlich haben wir nichts gegen Balladen. Wir wollen aber auf gar keinen Fall mit einer Ballade bekannt werden. Dann hätten wir ja nur Frauen als Fans. Aber vielleicht wird auf dem nächsten Album eine drauf sein. Toll wäre es natürlich auch, wenn unsere Songs im Radio gespielt werden würden.

Das halte ich zwar für genauso wahrscheinlich wie den Auftritt des Papst in einem Pornostreifen, aber Träumen ist ja nicht verboten. Kommen wir aber mal zu dem interessantesten Song "The firebrands", auf dem gleich 8 Gitarristen vom Leder ziehen. Das muss doch verdammt schwer gewesen sein, das alles unter einen Hut zu bringen. Außerdem finde ich, daß ihr bei dem Song bei Sabbaths "Heaven and Hell" geklaut habt wie die Raben.

Öh, ich geb zu, der Stil von "The firebrands" erinnert schon stark an "Heaven and Hell". Wir mögen diesen Song auch sehr, aber es ist definitiv kein Coversong! Die Idee mit den 8 Gitarristen trage ich schon sehr lange mit mir rum. Es war wirklich nicht ganz einfach, das alles zu organisieren, aber da wir alle gut miteinander befreundet sind, hats dann doch geklappt. Außerdem hatten wir jede Menge Bier im Studio.

Na bitte. Mit genug Bölkstoff in der Hütte klappts auch mit den Gitarristen. Jetzt hätte ich mal eine etwas ketzerische Frage auf Tasche. Eure Texte sind sehr patriotisch. Wenn eine deutsche Band eine Textzeile wie in "Heroes fight like the Greeks" bringen würde ("Greece is the place where lived a superior race"), würde sie mit Sicherheit als Naziband eingestuft werden. Wie siehst Du das?

Du wirst lachen, aber wir haben hier in Griechenland mit dem selben Problem zu kämpfen. Verstehen tu ich es nicht. Wir wollten lediglich auf unsere Vergangenheit verweisen. Mit Politik hat das überhaupt nichts zu tun.

Glaub ich Dir aufs Wort. Denkst Du eigentlich, daß es jemals eine griechische Band schaffen wird, weltweit bekannt zu werden? Vavel, Sarissa oder Crush, um nur einige zu nennen, hätten es mit Sicherheit verdient.

Die griechische Metalszene ist eigentlich mehr bekannt durch Death Metal Veröffentlichungen. Aber durch die letzten Veröffentlichungen von Phantom Lord, Power Crue, Sarissa und Mystery denke ich mal, dass die griechische Power Metal Szene im Kommen ist.

Zumindestens wäre es ihr zu wünschen. Bis hierhin gings ja mehr um die Band. Jetzt möchte ich aber unseren Lesern auch den Menschen Andreas Tsaoussis näherbringen. Was machst du denn so, wenn Du mal keine geilen Metalscheiben veröffentlichst?

Leider hab ich nicht allzuviel Freizeit. Manchmal gehe ich am Wochenende Angeln, um mich von den "Watts of the week" zu erholen.

Na, da hoffe ich doch mal sehr, dass Du als guter Metaller das Dynamitfischen bevorzugst. Nenn uns doch mal Deine absoluten Lieblingsscheiben.

  • "Heaven and Hell": das klassischste aller Heavy Metal Alben
  • "Balls to the wall": das wichtigste deu
  • tsche Metalalbum
  • "Powerslave": das beste Maiden Album
  • "Rising": das beste Hard'n' Heavy-Album
  • "Back in black und Highway to hell": die andere Seite von Hard'n' Heavy
  • "Painkiller": die moderne Art von klassischem Heavy Metal

Und hier das beliebte Stichwortspiel:

  • Metallicas letzte musikalische "Werke": Pure kommerzielle Wendung, um Kohle zu machen.
  • Reunions: Jede Reunion ist gut, wenn es ausschließlich um die Musik geht.
  • Pantera/Korn/Filter and other shit: Diese Bands haben keine Ahnung, was der "Sense of Metal" ist und interessieren mich einen Scheiß.
  • MTV: Auch eine Art, schnell reich und berühmt zu werden. Die letzten 5 Jahre hatte das nichts mit Heavy Metal zu. Ist mir aber egal. Wahrscheinlich bedeutet guter Metal ohnehin Underground.

Eins würde mich noch besonders interessieren. Bruce Dickinson hat ja auf wundersame Art und Weise den Metal wiederentdeckt. Ich kann mich aber noch gut dran erinnern, wie er als Opener für Helloween über den Metal hergezogen ist und dies auch öfters in der Presse getan hat. Von der Scheiße mit "Skunkworks" will ich hier ja erst gar nicht anfangen. Was hältst Du davon?

Ich habe Maiden mit Dickinson eigentlich immer gemocht. Von seinem Anti-Metal-Gerede habe ich bisher noch nichts mitbekommen. Sollte das aber wirklich wahr sein, denke ich nicht, daß er lange bei Maiden bleiben wird.

Das hoffe ich auch. Schließlich ist der gute alte Paul diAnno sowieso der einzige Maidensänger. Wie siehts denn bei euch mit Tourneen und außergewöhnlichen Ereignissen aus?

Leider sind wir noch nie aus Griechenland rausgekommen, obwohl wir hier schon mit einer Menge Bands gespielt haben. Am liebsten spielen wir auf Festivals, weil da die Fans am besten mitgehen. Einmal haben wir eine Show am Strand von Kamena Vourla gespielt. Die Fans haben sich während des Gigs total besoffen und sind am Ende des Gigs alle hackebreit ins Meer gestürzt.

Oh yes, ich sehs vor mir. ein Meer aus Bier, Pisse und Kotze. That's Metal. Hoffentlich kriege ich jetzt keine Plagiatsklage vom Kollegen Brandt an den ungewaschenen Hals. But back to the interview. Unsere Leser sind dafür bekannt, nicht nur zu nageln und zu saufen, sondern sich auch für das politische Weltgeschehen zu interessieren. Daher die Frage: Sind die Politiker bei euch genauso große A...löcher wie hier?

Politiker sind alle korrupt. Manchmal unterhalten wir uns darüber. Es ist schlimm, dass sogar Kriege wegen des Geldes geführt werden. Du kannst nur versuchen, dich mit deiner Stimme und natürlich der Musik dagegen zur Wehr zu setzen.

Meine letzte Frage ist gleichzeitig auch die pikanteste. Sex sells, sagt man ja, und vielleicht kann der Herr Witte damit ja die Auflage steigern. Hörst Du eigentlich Musik beim Bu...?

Wieso denn nicht? Aber es wird immer Metal sein. Man könnte mit "Still loving you" von den Scorpions anfangen und mit "Rebellion" von Grave Digger aufhören.

Hm, wer wechselt denn dann die Platten? Also, Spanner dieser Welt, meldet euch bei Andreas, hähä.Das Schlußwort gehört Dir. Gib unseren Lesern was mit auf den Weg.

Wir glauben, dass jedes Land seine eigene Geschichte hat und Heavy Metal ein Weg ist, dies den Anderen zu zeigen. Jeder, der für seine Musik kämpft, ist ein Krieger, der zurückkehrt. Tja, Leute, diese Band spielt nicht nur den Metal, sie lebt ihn auch. Und ihr seit jetzt aufgerufen, die Jungs zu unterstützen. Statt Verräter wie Dickinson oder Halford zu unterstützen, solltet ihr die sauer verdiente Kohle nur real Metalheads geben. Und diese Band ist definitiv Metal! Also, was zögert ihr noch?

Interview done by Stefan Wendle in 2000.